Mylai


ich schreibe my way
und mir fällt mylai ein

ich sehe sein gesicht
todesangst
es spürte das kalte eisen
mir schnürt das gefühl die kehle zu

niemand hat das recht, über leben und tod zu entscheiden

er ist tod – erschossen
auf einer straße in mylai
vor den augen eines fotoreporters

ich werde diese augen niemals vergessen

knieend ist er gestorben

er war mein freund


[ erlebt: 13-jährig / 1968 ]
[ Medium: Text-Datei ] [ Archivierung: Laptop-Festplatte / Ordner: Eigene Dateien / Gedichte / Fertig / Word-Datei ]


m54
Das Massaker von My Lai (Son My) war ein Kriegsverbrechen US-amerikanischer Soldaten, das 1968 während des Vietnamkrieges in dem südvietnamesischen Dorf Son My, genannt My Lai 4, begangen wurde.
       1968 war ich 13 Jahre alt. Irgendwann später, als das Massaker von Mylai bekannt wurde, gab es, ich bin mir nicht mehr sicher, ein Foto im Stern. Es zeigte einen kleinen vietnamesischen Mann, der kniend auf einer Straße darauf wartete, dass der neben ihm stehende amerikanische Soldat endlich abdrückte. Dieses Bild hat mich damals schwer erschüttert und sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt. Selbst jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, macht sich wieder ein grummeliges Gefühl im Bauch breit. Dieses Bild wurde auch international ausgezeichnet. Sicher war dieses Bild mit der dazu gehörenden Geschichte ein Teil einer Basis dafür, dass ich mich später – bis heute – immer für andere Menschen eingesetzt und ihnen eine Stimme gegeben habe.
       Viele Jahre später habe ich mit dem Schreiben von Gedichten angefangen. Ein geplanter Titel war: My way. Was daraus entstanden ist, sieht man hier rechts... Das Gedicht befindet sich nicht nur auf meinem PC. Es ist inzwischen auch etwa 100 Mal gedruckt, verlegt und verkauft worden. Und zwar als Teil des »Blaurotbuches«, das ich 2001 mit Eva Borgmann im Eigenverlag herausgegeben habe.
       Was aufgrund des Bildes vielleicht auch entstanden sein mag ist Folgendes: Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich Ungerechtigkeiten nicht oder nur sehr schwer aushalten kann. Ich arbeite in meiner Gemeinde seit rund 20 Jahren im politischen, oppositionellen, Bereich und gebe hier Menschen eine Stimme. Vor etwa 15 Jahren war ich der erste ehrenamtliche Betreuer von Menschen in Abschiebehaft in der größten deutschen Abschiebehaftanstalt in Büren-Stöckerbusch. Der Verein, den ich dort mitgegründet habe, hat inzwischen den Aachener Friedenspreis erhalten. Vorher gründete ich mit Anderen einen Arbeitskreis, der sich mit der Integration und Anerkennung von Asylbewerbern beschäftigte. Etwas später den Paderborner Flüchtlingsrat, dessen Vorsitzender ich dann geraume Zeit war.


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