Wie geschnitten Brot




[ erlebt: 37-jährig / 1998 ]
[ Medium: Negativ-Foto-Abzug ] [ Archivierung: Arbeitszimmer / Regal / Fotoalbum]

m47
September. Spätsommer oder schon Frühherbst – je nach Witterungslage. Surf-Zeit! Ostsee. Fehmarn. Übernachtung in einer kleinen Pension. Morgens aufwachen. Ein prüfender Blick in die Baumwipfel. Es windet. Schnell frühstücken, Proviant einpacken und los, bevor es wieder abflaut. Und los geht’s. Salzgeruch, Wind, Wellen, Wolken, Sonne. Eine Wiese am Wasser. Campingbullis, Autos mit Dachgepäckträgern, Surfbretter und Segel. Überall lagern Surfer, die am Aufriggen sind. Dieses hochernste Ritual, das Material zusammenzustecken und mit einem prüfenden Blick nach allen Regeln der Kunst zu trimmen. Was hat man nicht alles gelesen über Vorderliek und Achterliek. Wie viel Bauch musste das Segel noch einmal bei soundsoviel Windstärken haben? Wie viel sind es heute überhaupt? Leichte Schaumkronen auf dem Wasser. Na, dann werden es wohl so um die sechs sein. Also noch in den Neopren reingepellt und ab ins Wasser.
       Uff, geschafft, Segel und Brett unfallfrei ins Wasser manövriert. Die nächste halbe Stunde wird erst einmal gekämpft. Der Beachstart klappt ja schon ganz ordentlich, doch der böige Wind ist doch arg hinderlich beim Fahren. Also rauf aufs Brett, rein ins Wasser und wieder rauf aufs Brett. Also noch einmal nachtrimmen. Jetzt endlich, es geht ab. Erst ein bisschen Wasser schieben und plötzlich gleitet das Brett. Herrlich. Ins Trapez hängen und genießen. Bis... ja, bis zur Halse. Eine Powerhalse sollte es schon sein. Theoretisch alles keine Kunst. Aber grau ist alle Theorie. Also: Rausfahren – plumps, zurückfahren – plumps, rausfahren – plumps… und so weiter. Doch Wunder geschehen... Auf dem Rückweg zum Ufer. Es läuft wie geschnitten Brot. Toll, toll, toll. Sauschnell. Doch plötzlich hört das Meer auf. Ende mit Wasser, aber für ’ne normale Halse wird es wohl noch reichen. Also denn mal. Waaah, wo kommt denn da die Surferin her, die da im Wasser liegt. Nicht gesehen, zu spät. Da hilft nur noch – Powerhalse. Meine Güte, was habe ich auf dem Brett rumgetreten und am Segel gezerrt. Ich weiß bis heute nicht wie, aber es klappte erste Sahne. Knapp zwar, aber es reichte, während mich die Gute zu Recht lauthals verfluchte. Ein gutes Gefühl, wenn ohne großes Nachdenken die Dinge gelingen. So sauber hab ich es nie wieder hingekriegt – vielleicht steht mir da manchmal doch der Kopf im Weg.


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