Flotter Aufgalopp




[ erlebt: 24-jährig / 2004 ]
[ Medium: Zeitungs-Ausschnitt ] [ Archivierung: Arbeitszimmer / Regal / Mappe / Klarsichtfolie ]

m28
Dieser Zeitungsartikel ist Erinnerungsstütze eines einschneidenden Erlebnisses meiner »Fußballkarriere«. In allen großen Fußballstadien dieser Welt sitzen jedes Wochenende mindestens 50.000 Zuschauer, 50.000 Trainer und 50.000 Schiedsrichter, die zu Allem und Jedem einen mehr oder minder gescheiten Kommentar parat haben. Der Großteil von Ihnen hat in unzähligen Kreisligaspielen eigene Erfahrungen mit diesem großen Sportspiel sammeln können, jedoch nur die wenigsten konnten sich tatsächlich einmal persönlich mit einer professionellen Mannschaft messen. Meinem Erachten nach liegt es in der Einfachheit der Regeln begründet, dass fast jeder, der einmal Kontakt zu dieser Sportart hatte, der Meinung ist, er wüsste ziemlich genau, was richtig und was falsch sei.
       Ich selbst gehörte auch dieser Expertengruppe an, bis ich, relativ unvorbereitet, bei einem Testspiel die Gelegenheit bekam, dem damaligen Bundesligisten Hansa Rostock auf dem Rasen gegenüber zu stehen. Hoch motiviert stellte ich mich der Aufgabe und wurde prompt belohnt. Es gelang mir, wenn auch mit sehr viel Glück, das erste Tor des Spiels zu erzielen. In der 19. Minute konnte ich es mir dann auch nicht verkneifen, den Schiedsrichter darum zu bitten, das Spiel doch ausnahmsweise sofort, also beim Stand von 1:0, abzupfeifen. Daraus wurde leider nichts und bereits zur Halbzeit lagen wir mit 1:6 hinten. Am Ende war es Genugtuung vom Bundesligatrainer zu erfahren, dass ein Tor mehr von uns gereicht hätte, um die Profis direkt im Anschluss an unser Spiel eine Sonder-Trainingseinheit absolvieren zu lassen. Schade, dass es damit nicht geklappt hat, denn es wäre schön gewesen, nach der warmen Dusche den Profis noch beim Trainieren zuzuschauen. Insgesamt überraschte mich die individuelle Qualität der beteiligten Akteure im Hinblick auf Tempo, Variantenreichtum und technische Fertigkeiten dermaßen, dass ich seit diesem Moment der Arbeit der Athleten einen viel höheren Stellenwert beimesse.
       Dieses Gefühl beim Schießen des Tores war so nachhaltig für mich, dass ich es in schwierigen Situationen immer noch vor Augen habe. Es hilft mir zu erkennen, dass eigentlich alles erreichbar ist, wenn man sich einer Sache nur leidenschaftlich widmet. Wenn man sich nur mit einem solchen Aufwand seiner alltäglichen Arbeit widmen würde, wie Hochleistungssportler es immer wieder tun, würde das Erreichen selbst gesteckter Ziele um ein Vielfaches häufiger geschehen. Diese Einstellung hilft mir bei meiner Arbeit und dem Bestreben, ein ›Profi‹ zu werden, in dem was ich tue.


© 2009 carolin lewecke // impressum // kontakt