Lebensretter




[ erlebt: 7-jährig / 1988 ]
[ Medium: Negativ-Foto-Abzug ] [ Archivierung: Elternhaus / Wohnzimmer / Schrank / Fotoalbum ]

m27
Es war Sommer 1988, als meine Familie, also Mama, Papa, Schwester und ich, das erste Mal mit einem Wohnmobil in den Urlaub fuhren. Nach Norwegen bzw. Schweden ging die Fahrt. Tina, damals zwölf Jahre, und ich als sechsjähriger Knirps haben illegalerweise während der Fahrt oben im Alkoven gelegen und vorne aus dem Auto geschaut. Auf einer Bergkette in Norwegen hielten wir an, weil hier eine kleine Schneefläche lag. Keine 15 Meter im Durchmesser, aber für mich damals total verrückt, Schnee im Sommerurlaub. Eine Schneeballschlacht haben wir kurz probiert, aber schnell abgebrochen, da der Schnee eher aus Eisbrocken und nicht aus Flocken bestand und recht schmerzhaft beim Aufprall war.
       Im selben Urlaub hielten wir mal an einer Tankstelle und meine Schwester sprang hinten aus dem Wohnmobil, um zur Toiletten zu laufen. Vadder bestand nämlich darauf, das Camperklo nur im Notfall zu benutzen. Meine Schwester dachte wir würden tanken und sie hätte genug Zeit. Jedoch wollte mein Vater nur schnell ein kühles Getränk erstehen. Dementsprechend fuhren wir zügig weiter. Nach ein paar Kilometern fragte ich gutgläubig, ob wir das Schwesterchen gar nicht mitnehmen wollen. Worauf meine Mama fragte: »Wieso, liegt die nicht bei dir da oben?« Ich erzählte ihr, dass sie doch ausgestiegen sei, worauf meine Ma einen ziemlichen Schock bekam und Vater schleunigst die nächste Ausfahrt suchte. Runter von der Bahn, rauf auf die andere Spur, hinter dem Rasthof wieder runter und Spur wechseln. Als wir wieder am Rasthof waren, stand meine Schwester komplett aufgelöst am Straßenrand und war am Weinen. Bis heute ist sie mir dankbar, dass ich ihr »Leben gerettet« habe – je nach aktueller Laune mehr oder weniger zerknirscht.


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